26Dezember
2019

Tütensuppe

Im Treppenhaus riecht es morgens nach Räucherstäbchen und es ist Wasser versprenkelt worden. Ich rutsche zum Baoziladen und dann zur Sprachschule hinüber. Der Vormittag vergeht mit Unterricht. Da die eine Lehrerin heute nicht kann, ist eine Vertretung erschienen. Die ist etwas anstrengend, ich fühle mich in eine Kindergartengruppe zurückversetzt. Sie fragt ständig, ob wir sie verstehen und lobt so dermaßen überschwänglich, dass es fast schon zynisch wirkt. Im anderen Kurs geht es jetzt um Lebensträume. Das wird bestimmt noch lustig werden. Meine Mitbewohnerin taucht immerhin gegen elf Uhr auf. Zur Zeit treibt sie sich irgendwie herum.

 

Mittags gehe ich essen. Ich bestelle Nudeln mit Gemüse und Fischtofu, in dem angeblich kein Fisch ist. Und noch ein Tellerchen mit Tofuhaut und Kartoffelstreifen. Der alte Mann, der zum Nudelladen gehört, spricht auch über Russland. Plötzlich steht eine Schüssel Suppe vor mir. Verdammt, da bin ich beim Bestellen in der Kategorie verrutscht. Normalerweise bestelle ich keine Nudelsuppen. Einerseits, weil ich sie nicht so gern mag und andererseits auch, weil man sie so schlecht mitnehmen kann. Aber da ich gut zwei Drittel nicht schaffe, nehme ich sie heute eben doch mit. In einer Tüte. Das sieht vielleicht aus. Im Hausflur treffe ich die Nachbarin von unten drunter, die etwas erstaunt auf meine Tüte starrt und fragt, was ich denn da drin habe. Und in der Küche angekommen entsorge ich den „Tofu“, der total nach Fisch schmeckt und riecht, steche Löcher in die Tüte und lasse die Suppe ab, um die Nudeln nicht ganz durchweichen zu lassen. Ab mit dem Zeug in den Kühlschrank.

 

Meinen Nachmittag verbringe ich mit meiner Mütze und sonst nicht so sonderlich viel. Abends gehe ich nochmal Jiaozi essen. Einfach lecker, das Zeug. Die ständige Verfügbarkeit werde ich vermissen.