21Dezember
2019

Pingfang

Es ist wieder früh. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen. Ich koche mit Kaffee, mache ein bisschen Sport, dann die Fladenbrote vom Uiguren um die Ecke zu Frühstück in der Pfanne warm (keine neuen Episoden im Kochplattenkrimi, tut mir leid) und lasse den Tag langsam anlaufen.

 

So gegen halb neun verlasse ich das Haus, kaufe mir noch schnell zwei Baozi zum Mitnehmen und gehe zu Bushaltestelle. Dort will ich Bus 338 in Richtung Süden nehmen. Es kommen Busse vieler Linien, nur die von mir gewünschte kommt nicht. Oder anders gesagt, nur auf der anderen Straßenseite. Ich beschließe irgendwann, als mit die Füße so langsam kalt werden, eine Haltestelle weiter zu gehen, um dort mein Glück zu versuchen.

 

Kaum drei Straßenecken weiter, biegt dort auch schon ein 338er um die Ecke. Alles klar, schlampig auf die Internetkarte kucken wird bestraft. Ich steige also an der nächsten Haltestelle in den nächsten Bus ein. Der Bus wird nicht so richtig gut geheizt und ich sitze auch noch an der Tür. Das ist nicht gerade der Brüller.

 

Unablässig plärrt die Durchsage: Bis zur Station X vorne einsteigen und hinten aussteigen, ab Station X hinten einsteigen und vorne aussteigen. Das mutet etwas seltsam an, wenn man sich nichts darunter vorstellen kann, letztlich ist es die einfachste Variante ein zweistufiges Bezahlsystem im Bus zu etablieren. Steigt man vorne ein, zahlt man beim Einstieg einen Yuan. Steigt man dann hinten wieder aus, bleibt es dabei. Nach Station X muss man vorne raus und noch einmal zahlen. Und die, die später hinten einsteigen, zahlen nur beim Aussteigen.

 

Ich fahre ungefähr eine Stunde mit diesem Bus in den Süden. Nach gut der Hälfte der Zeit sind wir schon in einem deutlich ländlicherem Umfeld. So viel sieht man von der Straße aus allerdings auch wieder nicht, doch dass irgendwann keine Hochhäuser mehr den Straßenrand säumen, ist klar erkennbar. Eine Frau verpasst den Ausstieg und muss dann eine Haltestelle nach Station X auch zahlen. Nachsicht für das Versehen gibt‘s nicht.

 

An der Xinjianglu steige ich aus. Und gehe prompt in die falsche Richtung, weil mich das kurz zuvor gesehene Parkplatzschild irreführt. Ich habe nämlich vom Bus aus den Pfeil nicht sehen können. Also wieder zurück. Ein paar Meter weiter ist dann auch der Parkplatz und hinter dem Parkplatz das Museum, in das ich will. Es ist jetzt kurz nach zehn Uhr, der Parkplatz ziemlich leer.

 

Die nächsten fünf Stunden verbringe ich auf dem Gelände des Museum of War Crime Evidence by the Japanese Army Unit 731.

 

Kurz nach fünfzehn Uhr sitze ich wieder im Bus. Diesmal setze ich mich nach hinten, in der Hoffnung, dort ein wenig wärmer unterwegs zu sein. Wir holpern zurück. Es wird wieder städtischer. Die Häuser werden wieder höher, der Verkehr nimmt zu. Wir fahren unter Autobahnringen durch. An Einkaufszentren vorbei. Heute Morgen, auf dem Weg aus der Stadt heraus, ist mir die Stadt gar nicht so sehr aufgefallen. Erst das Ländliche. Jetzt ist es umgekehrt.

 

Ich kaufe noch schnell ein, und als ich den Supermarkt verlasse, ist es bereits wieder dunkel. Später gehe ich essen. Es gibt zwei Pfännchen, eins mit Eierfruchtstreifen, eins mit Spinat. Während mein Essen kommt, füllen sich die beiden Nachbartische mit Gästen. Und sind leer, bevor meine Pfännchen leer sind. Ich finde es faszinierend, wie schnell die essen. Können, wollen oder müssen?