06Dezember
2019

Nikolaus

Der Tag beginnt mit zu wenig Schlaf und Kaffee. Bevor ich die Wohnung verlasse kann ich es mir nicht verkneifen noch ein Päckchen Kekse in die Schuhe meiner Mitbewohnerin zu stecken. Immerhin ist heute ja Nikolaustag. Zwei Stunden später fragt sie mich dann auch recht verwundert, warum ich das gemacht habe.

 

Beim Mittagessen mache ich auf einmal eine für mich doch seltsame Beobachtung. Während ich Bier in Plastiktüten aus Qingdao kenne, kann man hier auch Nudelsuppe in der Plastiktüte erwerben und dann als take away mit sich nehmen. Sieht, zugegeben, weniger ansehnlich und appetitlich aus als mit Bier.

 

Am Nachmittag nehme ich erneut den Bus um noch ein paar Sachen zu besorgen. Zuerst schlendere ich ziellos durch ein Einkaufszentrum, das, wie ich später draußen feststellen werde, auf „Schönheit“ spezialisiert ist. Dementsprechend gibt es Nagelstudios und Drogerien. Ein Stockwerk ist ein einziger Indoor-Spielplatz bzw. Sportplatz, mit Tanzstudio, Fechtbahn und Schwimmbad. Irgendwo dazwischen gibt‘s auch noch eine Sprachschule. Die Sportanlagen befinden sich an der Außenseite des Gebäudes und sind mit Glasscheiben vom Inneren abgetrennt, wo Eltern und Großeltern an Tischen sitzen, essen und trinken und auf die lieben Kleinen warten. Ein mit lauter künstlichen Pflanzen ausgiebig dekoriertes Thai-Restaurant gibt‘s auch. Riecht auch gut. Ich stecke mir den Flyer ein.

 

Nebenan, bei Carrefour, werde ich erst einmal am Eingang aufgehalten und muss meinen Rucksack in einen Beutel geben, der dann mit einer Niete verschlossen wird, bevor ich zum Shoppingerlebnis aufbrechen darf. Ich finde hier tatsächlich die ersehnten Matten. Qietschebunt, aber das war nun kein Kriterium. Anfang der Woche hatte ich nicht danach gesucht. Kaffee, ein Sparschäler und weiteres finden seinen Weg in den Einkaufswagen, bevor es mit dem Bus zurück geht.

 

Nach meiner erfolgreichen Einkaufstour habe ich Hunger und beschließe Essen zu gehen. Es ist kurz vor neun Uhr und somit auch schon ziemlich spät, wenn es darum geht ein noch geöffnetes Restaurant zu finden, aus dem man nicht sogleich heraus gekehrt werden wird. Nach einigen hundert Metern und etwas innerem Ringen setze ich mich dann in eines, das Spieße vom Grill verkauft. Zugegeben, das macht mit mehreren Personen deutlich mehr Spaß als alleine. Ich bestelle Kartoffel- und Süßkartoffelscheiben, sowie eine Eierfrucht und versuchsweise Tofuröllchen. Letztere bestehen aus Zwiebeln und Koriander, die in Tofuhaut gewickelt werden. Das ist richtig gut! Dazu noch kalte Kartoffelstreifen und sogenanntes Tigergemüse. Das Tigergemüse ist auch ein Salat, der aus frischem Koriander (einschließlich der Stiele), grünen Paprika, Zwiebeln und Frühlingszwiebeln besteht und mit Sojasoße angemacht wird. Die Bedienung ist beim Bestellen noch skeptisch, ob ich das auch essen würde. Dass die Eierfrucht mit einer einen halben Zentimeter dicken Knoblauchschicht bedeckt kommen wird, hält sie hingegen nicht für erwähnenswert. Lecker ist es.

 

Vor dem Restaurant sind lauter Marktstände aufgebaut, doch um die späte Uhrzeit ist natürlich kein Markt mehr. Ich gehe dennoch fasziniert die lange Marktstraße entlang, bis ich irgendwann gegenüber von Bahngleisen stehe. Ok, das war die falsche Richtung. Von der nächsten auftauchenden Person lasse ich mir den Weg zurück erklären. Dass ich vorhabe diesen („so weit!“) zu Fuß zu gehen, verwundert sie sichtlich. Wobei ich sagen muss, letztlich fand ich die gute halbe Stunde Spaziergang durch‘s nächtliche Harbin ganz angenehm, wenn auch ordentlich kalt.

 

Einen weiteren positiven Nebeneffekt hat die ganze Sache auch noch: ich stelle fest, dass es fast vor meiner Haustür auch um halb elf nachts noch Essen zu kaufen gibt. Ist zwar eher das, was als Snack durchgeht, aber dennoch gut zu wissen.