05Dezember
2019

Der erste Donnerstag

Um dreiviertel sechs ist meine Nacht zu Ende. Noch ist es dunkel, doch schon bald taucht über der Häuserfront vor meinem Fenster ein heller Streifen auf. In Ermangelung besserer Alternativen wiederhole ich kurzerhand den gestrigen Unterrichtsstoff.

 

Da mir meine Mitbewohnerin schon am ersten Abend eröffnet hat, dass sie morgens schlecht aus dem Bett käme und deshalb notorisch zu spät, klopfe ich jetzt morgens immer an ihre Tür. Heute grunzt sie aber nur und wird auch später nicht zum Unterricht auftauchen. Vielleicht sollte ich ihr verraten, dass ich den Verdacht habe, dass ihre Bettgehzeit und ihr morgendliches Problem in einem kausalen Zusammenhang stehen könnten?

 

Die ersten Unterrichtsminuten gibt‘s Einzelunterricht für mich. Dann taucht immerhin noch eine Person auf. Ab zehn sind wird dann zu sechst. Nach Unterrichtsschluss ereilt mich dann am ATM ein kurzer Schock: der Chip meiner Karte sei nicht lesbar. Am zweiten auch nicht. Einen Kilometer weiter hat es dann doch geklappt. Also muss ich zum Geld Abheben doch einen Spaziergang machen. Mist.

 

Da ich jetzt ohnehin schon unterwegs bin, versuche ich mich noch einmal in Sachen Mattenkauf. Ayi war nämlich heute nicht da und somit konnte ich sie auch nicht fragen. Hier gibt‘s schon das nächste Kaufhaus. Sechsstöckig. Allerdings nur mit Elektronik. Und eine Überwachungskamera wollte ich nun nicht gerade. Im letzten Stockwerk sehe ich allerdings zufälligerweise doch noch Matten. Zwar in Benutzung, aber da kann man ja mal nach der Quelle fragen. Was sich gar nicht als so leicht erweist, wenn eine weitere Verkäuferin einen Meter entfernt unablässig mit fast ohrenbetäubendem Lärm Paketband von einem Paketbandabroller abrollt.

 

Zurück zu Hause mache ich mich ans Wäsche Waschen. Nach dem Waschgang wird klar: das Wasser kommt so kalt aus der Leitung, dass es das Pulverwaschmittel einfach nicht auflöst. Ich helfe mit heißem Wasser aus der Dusche nach und wasche kurzerhand nochmal.

 

Als ich zum Abendessen losziehe, habe ich eigentlich Lust auf Reis, lande dann aber doch in einer Nudelbude. Dort gibt es mit dem Messer vom Nudelteigblock geschnittene Nudeln. Dafür nimmt der Koch den Teig in die Hand und schneidet die Nudeln so ab, dass sie im hohen Bogen in das siedende Wasser fliegen. Hat ein bisschen Ähnlichkeit mit geschabten Spätzle, aber der Teig ist fest und auch ohne Ei. Sieht cool aus, schmeckt auch, und die Hälfte der Kalorien pro Teller kommt bestimmt aus Öl.

 

Gibt's gleich um die Ecke im handlichen Ein-Liter-Gebinde: Bamberger Bier.