27Januar
2020

Jetzt ist sie weg

Ich wache morgens alles andere als ausgeruht und entspannt auf. Ayi schickt eine Nachricht, ob ich mittags da sei. Sie käme vorbei, wegen Kaution und so. Das ist fünf Tage zu früh. Ober ok. Blöd nur, dass ich mit dem Geld jetzt gar nichts anfangen kann, ich kann es ja nirgends ausgeben.

 

Ich mache einen Spaziergang und als ich zurückkomme, ist meine Mitbewohnerin plötzlich da. Auch ein paar Tage zu früh. Wieso denn das? Sie wirkt panisch und erklärt, sie gehe zurück nach Hause, wegen des Virus‘. Jetzt ist mir auch klar, warum Ayi heute hier auftauchen wird. Und Ayi taucht auf. Sie ist mindestens genauso gestresst und panisch wie meine Mitbewohnerin. Meine Kaution bekomme ich ohne Zimmerinspektion zurück. Ich soll den Schlüssel dann einfach liegen lassen. Ayi ab. Meine Mitbewohnerin wurstelt in der Wohnung rum, irgendwann kommt ein weiterer Koreaner, die ihr beim Packen hilft, dann werfen sie die Hälfte ihrer Sachen weg und sauen den Gang ein. Ich verdrücke mich in mein Zimmer. Meine Mitbewohnerin verabschiedet sich. Jetzt ist sie weg.

 

Die Straßen sind wie leer gefegt, die meisten Geschäfte und Restaurants geschlossen. Ich vermag nicht ganz einzuschätzen, wie sehr das mit dem Frühlingsfest zusammenhängt, aber es ist gespenstisch. Ich fühle mich momentan sichtlich unwohl hier, wobei es nicht die Angst vor einer Ansteckung ist, die mich umtreibt, sondern sie Stimmung. Doch nach Einbruch der Dämmerung scheint sich die Lage etwas zu entspannen. Als ob der Virus nachts auch schlafe? Ich gehe in den kleinen Obstladen und kaufe Tomaten. Dort sind die Leute entspannt. Immerhin.