08Januar
2020

Eisfestival - Chips und Ski

Morgens gibt es Kaffee und den üblichen Baozikauf. Es ist wie gestern vergleichsweise warm, weshalb ich schon gestern beschlossen habe heute zum Eisfestival zu fahren. Das, mit den vielen bunten Bauten, die man aus Presse und Fernsehen kennt. So vergeht der Morgen mit Unterricht, zum Mittagessen gibt‘s Reste und dann mache ich mich auf den Weg.

 

Mit dem Bus 119 fahre ich am Nachmittag los. Er fährt praktischerweise vor den Tür und auch direkt zum Festival. Aber erst einmal stehen wir im Stau herum. Ich habe einen Sitzplatz und geheizt wird auch. Einige Leute in dicken roten Jacken und mit Fellmützen steigen ein. Die Aufschrift der Jacken macht klar, dass sie auf dem Eisfestival arbeiten. Nach gut zwanzig bis fünfundzwazig Minuten Fahrtzeit sind wir am Fluss angekommen, den wir überqueren müssen. Die Sonne ist schon am Untergehen, ich mache ein paar Bilder der Skyline. Kurze Zeit später erreichen wir die Haltestelle. Ich steige aus und folgen den roten Jacken.

 

Ich muss ein paar Treppen herunter und unter der Straße durch. Der Weg ist schon hier gesäumt mit Leuten, die Kram verkaufen. Vor allem so Eisrutscher, die man sich unter den Hintern klemmen und auf die man sich dann setzen kann. Mein Bedarf geht asymptotisch gegen Null. In der Unterführung gibt es keinen Fußweg, der Straßenrand ist glatt. Mit dem Linienbus ankommende sind wohl nicht so die Hauptzielgruppe.

 

Vor dem Eingang zum Gelände befindet sich ein großer Parkplatz und viele Menschen machen fleißig Bilder. Ein Thermometer zeit sechzehn Grad unter Null. Andere stehen im Vorraum der Toilettenanlage und wärmen sich auf. Hier kann man auch warme Schuheinlagen und Heizpads für Smartphones erwerben. Ich kaufe mir ein Ticket (290 Yuan) und gehe rein. Und frage mich, wann ich das letzte Mal so viel Geld für eine Eintrittskarte ausgegeben habe.

 

Noch ist es hell. Der Andrang ist momentan auch noch deutlich unter dem, was der Eingangsbereich als Anstehkapazitäten so zu bieten hat. Erst einmal geht es durch einen dauerpiepsenden Metalldetektor. Dann noch durch ein Drehkreuz. Dann bin ich drin. Innen wartet ein Minizug für alle, die sich für dreißig Kuai durch die Gegend fahren lassen wollen. Ich drehe eine Runde zu Fuß. Neben den Bauten, die man teilweise auch besteigen kann, gibt es weitere Attraktionen wie Rutschen, die man auf LKW-Schläuchen herabrutschen kann. Weiter hinten ist ein kleiner Hang, auf dem Menschen Skifahren.

 

 

Ich stelle mich mal an. Es dauert aber ziemlich lange und dabei wird es dann auch durchaus kalt. Endlich habe ich einen Schlauch ergattert, den ich die Treppe hinaufziehen muss. Der Ausblick ist auf jeden Fall super. Zum Rutschen soll ich dann gefälligst meine Brille abnehmen und in den Rucksack stecken. Hoffentlich überlebt sie das. Es geht rasant im Eiskanal herab, und dann ist die fahrt auch schon vorbei. Die Brille lebt noch, aber der Spaß ist mir zu kurz für die kalten Füße zuvor.

 

Das Wasser gefriert auch bei minus 40 Grad celsius noch nicht, der ideale Ort für Liebesschwürde und Hochzeiten!

 

 

 

Nach einer weiteren Runde über das Gelände beschließe ich mich etwas aufzuwärmen. Es gibt hier einige (Schnell-)Restaurants. Das meiste ist nicht so mein Geschmack. Also nehme ich das mit Kuchen und Chips, bestelle eine Tüte Chips mit Kimchi-Geschmack. (Nicht scharf, was ja zu erwarten war.) Neben mir essen sie in der Mikrowelle aufgewärmte und mit Schokolade überzogene und mit Crememasse gefüllte Muffins. Schüttel. Ich ziehe weiter und mache noch ein paar Fotos. In einer Halle spielt ein Holzbläserquintett Weihnachtslieder. Man kann dort Nudelsnacks kaufen und sich hinsetzen. Es gibt eine Ausstellung von Bildern vergangener Festivals und in der Mitte ein Installation zu Getreide und Ölpumpen in Daqing.

 

 

Ich komme an einer Schlittschuhbahn und einem Gebäude vorbei, in dem ich schon von außen Ski und Skischuhe in Regalen sehen kann. Ich zögere, beschließe dann doch mal hineinzugehen. Drinnen schaue ich mich etwas um. Hm, viel mehr als den Hinweis, dass man 100 Yuan Kaution hinterlegen muss, finde ich nicht. Also frage ich mal nach. Ein Kerl in einer lachsfarbenen Jacke fragt, ob ich Skifahren könne. Ich meine ein bisschen. Also kurzum, in einer halben Stunde beginnt die nächste Runde und man muss nur die Kaution hinterlegen. Ich kaufe mir einen Kaffee, bäh, mit Milchpulver und Zucker, aber warm, und ziehe meine Schneehose an. Dann heißt es anstehen.

 

Am Kautionstresen sitzen und stehen, ganz beschäftigt, insgesamt fünf Personen. Der Kerl in der lachsfarbenen Jacke will sich mit mir unterhalten. Ich bezahle hundert Yuan, erhalte zwei Quittungen und gehe zum anderen Tresen, gebe dort die rosafarbene ab, stecke die gelbe ein, um dann die Ausrüstung entgegenzunehmen. Schuhe anziehen, dann geht es los und raus.

 

Den Hügel kommt man auf einer Art Fließband nach oben. Das dauert ewig, aber was soll‘s. Oben angekommen heißt es unter skeptischen Blicken Ski unterschnallen. Und die Handschlaufen nicht um die Hände wickeln! Ich versuche mal, wie es sich fährt. Immerhin stand ich seit der sechsten Klasse nicht mehr auf Abfahrtsskiern. Aber das verlernt man scheinbar nicht wirklich.

 

Von den Chinesen ist ganz offensichtlich noch keiner der anwesenden Erwachsenen jemals Ski gefahren. Einige schaffen es innerhalb der nächsten halben Stunde immerhin den Idiotenhügel im Schuss herabzufahren und unten mit einem Sturz zu bremsen. Die Aussicht ist übrigens einfach traumhaft. Auf der einen Seite das Festival, auf der anderen Seite die Skyline der Stadt. Die Kamera hatte ich allerdings eingeschlossen. Nach etwas über einer halben Stunde ist der Spaß vorbei. Mir ist wieder warm. Der Kerl in der lachsfarbenen Jacke fragt, wie es gewesen sei. Etwas kurz.

 

Ich drehe noch ein letzte Runde, bevor ich mit dem Bus nach Hause zurück fahre. Schnell noch ein paar Jiaozi und eine Kanne heißes Wasser zum Abendessen, dann will ich ins Bett.