09Januar
2020

Die blaue Blume der Tang-Dynastie

Mit Baozi im Gepäck mache ich mich auf in die Sprachschule. Wir sitzen heute nur zu zweit im Unterricht. Das bedeutet, heute auch kein Diktat. Dafür lässt sich die Lehrerin darüber aus, dass das bei den beiden anderen, die heute nicht da sind, schon immer dringend nötig sei. Ich finde das fürchterlich unangenehm und möchte am liebsten unter dem Tisch versinken.

 

Dann sprechen wir über Leute, die kein gutes Benehmen an den Tag legen. So wie rotzen und spucken. Das läge an der mangelnden Bildung, meint meine Lehrerin, auch rauchen in der Öffentlichkeit gehöre dazu. Wobei ich letzteres hier deutlich seltener wahrnehme als zuvor andernorts. Mag aber sein, dass das auch mit am kalten Wetter liegt.

 

Meine Lehrerin erzählt, dass ihre Oma sich, weil sie kein Geld hatte und es ohnehin keine Zugtickets zu kaufen gab, nach Maos Tod zu Fuß nach Peking aufgemacht habe, um ihn noch einmal zu sehen. Er habe ja so viel Gutes für das Land getan. Ich unterdrücke das Bedürfnis unter dem Tisch zu versinken genau so wie das zu widersprechen. Wir sollen mal zu Hause was über Mao nachlesen, damit wir China besser verstehen können, gibt sie uns mit auf den Weg.

 

Im Konversationskurs hören wir heute Texte an und machen Übungen dazu. Nebenan übt eine Gruppe im Chor die Aussprache von Wörtern. Ein anderer Schüler erhält Einzelunterricht. Auch nicht gerade leise. Die Aufnahme rauscht, ist echt schwer verständlich. In dem einen der Texte geht es um Porzellan. Konkret um Porzellan mit blauen Blumen drauf. Diese Hörverständnisübungen rauben mir mitunter den letzten Nerv. Bei den Antworten ist gern mal nur ein Zeichen falsch. Wehe, man hat das nicht verstanden. In unserem Beispiel geht es um die Dynastie, aus der ein Porzellanteller stammt. Ist es die Tang? Ich frage (mich), ob es in der Tang-Dynastie denn überhaupt schon Porzellan mit blauer Bemalung gab. Die Lehrerin weiß es auch nicht. Wie gut, dass wir im Unterricht so fleißig was über die Kultur und Geschichte lernen. Äh, ja.

 

Abends gehe ich Eierfrucht und Tofustreifen mit Koriander essen. Der Kellner fragt, ob ich wirklich zwei kalte Gerichte wolle? Aber die Eierfrucht kommt, wie beim letzten mal, ohnehin wieder warm an. Und mhhh, frischer Koriander. Die Kerl am Nachbartisch rotzt rum. Er steht auf, spuckt in den Mülleimer, setzt sich wieder hin. Dann beginnt das Spiel von vorne. Sehr appetitlich. Ich fühle mich an den Unterricht erinnert.