17Januar
2020

Kochbücher

Ob ich auch Sojamilch will, wie immer, werde ich beim in der Schlage Stehen im Baoziladen gefragt. Klar! Dann wird sie gleich zusammen mit der Bestellung vor mir abgefüllt. Ja, irgendwie dauert es ein paar Wochen anzukommen und dann muss man schon wieder weiter. Und natürlich will ich auch noch Baozi. Ich bin ein bisschen früher dran als sonst. Meine Mitschülerin ist auch schon da und büffelt Vokabeln. Die Lehrerin kommt gleich darauf. Heute gibt es ein nicht enden wollendes Diktatdesaster. Wir hätten das doch gestern alles schon besprochen. Ach ja, da war was. Unsere Vorstellungen von „besprechen“ differieren etwas. Vielleicht ist ein bisschen mehr Zeit für die Vokabeln eben doch keine so schlechte Idee.

 

Im Konversationskurs kommen wir wieder ordentlich vom Thema ab. Statt ums Wetter geht es irgendwann um Pflanzen und ihre Vegetationsphasen. Wobei, die sind ja auch vom Wetter abhängig. Die Lehrerin meint, sie kenne gar keine Lektion über Pflanzen. Der seine Klamotten nicht waschende Mitschüler kommt den dritten Tag in Folge mit seinem ungewaschenen Pullover zu spät. Den Rest der Zeit piepst sein Handy, auf das er starrt, alle paar Minuten. In der Pause unterhält er sich mit dem nicht duschenden über das Abchecken von Frauen. Ich muss hier raus!

 

Zu Hause mache ich mir Reste warm und klamme mich dann hinter den Schreibtisch, bis ich am Nachmittag den Bus zum Buchladen nehme. Der Bus ist gar nicht so voll und auch recht warm, da vergehen die Minuten der Busfahrt recht entspannt. Im Buchlanden angekommen lande ich nach dem ersten Umsehen in der Ecke mit den Kochbüchern. Es gibt Regalmeter über japanische Küche, noch mehr über Tee, wofür ich nicht viel übrig habe, und Teekultur, wovon ich nichts verstehe, ein bisschen was zur Küche vom Rest der Welt, Bücher im Stil von „288 Rezepte, die man auch ohne das Hirn anzuschalten zusammenrühren kann“, Nudelbücher, Teigtaschenbücher, allerhand Backbücher nicht chinesischen Ursprungs, Reis-, Hirse- und andere Schleimvariantenbücher (merkt man, dass ich das nicht mag?) und dann noch ein bisschen was zu Esskultur und so.

 

In der Ecke mit den Esskulturbüchern unterhalten sich, sehr hartnäckig am Ort festhaltend, drei Angestellte über die Erkältung der einen, die da auf dem Stuhl sitzt. Sie bekommt die Erkältung nämlich nicht weg, aber die Medizin findet sie zu teuer. Irgendwann setzt laute Musik ein, der ich keine weitere Bedeutung zumesse, es ist erst kurz nach fünf und Lärm ist ja normal. Als dann die Angestellten in Jacken an mit vorbeigehen, wundere ich mich so langsam doch.

 

Ich nehme meinen Bücherstapel und gehe zur Rolltreppe. Wo muss ich zahlen? Erster Stock? Wo ist das Klo? Dritter Stock. Ich lege die Bücher ab und springe die bereits ausgeschaltete Rolltreppe nach oben. Oben ist es dunkel, nur drei Frauen stehen noch herum, bereits in dicke Jacken eingepackt. Wo ist das Klo? Da wo das Licht scheint! Ahh, einleuchtend! Einmal schnell den Gang runter. Dann die Rolltreppe runter, mit den Büchern zur Kasse und raus. Puh.

 

Mit dem Bus fahre ich zu Carrefour und kaufe Kaffee nach. Den gibt‘s nur da. Als ich vor dem Regal stehe, stellt sich eine Verkäuferin neben mich. Honig? Hä? Du suchst doch Honig? Ignoriermodus an. Der Honig ist da hinten. Ich nehme ein Päckchen Kaffee aus dem Regal. Du willst doch Honig kaufen. Ich gehe wortlos an ihr vorbei, einen Gang weiter. Sie stellt sich wieder neben mich. Komm, der Honig ist auf der anderen Seite. Gleich landet sie im Honigfass! Und alles nur, weil ich vor sieben Wochen einmal eine Minute vor dem Honigregal stand!

 

Und nun stehe ich ganz ohne Honig natürlich an der Kasse, an der es wie immer am längsten dauert. Langsam macht sich Hunger breit, ich kaufe mir kurzum ein paar Minuten später im Einkaufszentrum eine Ladung Reis mit kalten Vorspeisen oben drauf. Als ich mir fröhlich Sesamsoße, die eigentlich für die auch dort verkauften Nudeln gedacht ist, drüber kippe, schaut mich die Dame hinter dem Tresen etwas sehr fragend an. Ob das schmeckt? Ja, meine ich.